Erläuterung zu den nur für Männer geltenden Pflichten:
Der Bundesrat hat bereits 1986 in seinem Bericht
über das Rechtsetzungsprogramm «Gleiche Rechte für Mann und Frau» festgehalten, dass die nur für Männer geltende Militärdienstpflicht in einem gewissen Spannungsverhältnis zur Idee des Gleichheitsartikels der Bundesverfassung steht, die eine gleiche Verteilung von Rechten und Pflichten auf Männer und Frauen
nahelegt. Freiwillig Dienst leistende Soldatinnen beweisen denn auch, dass Frauen nicht qua natura ungeeignet für die Armee sind.
Vor Inkrafttreten des neuen Eherechts im Jahr 1988 gab es generell von Gesetzes wegen unterschiedliche Rollenzuweisungen für Frauen und Männer mit je nach Rolle eigenen Rechten und Pflichten. Jede Frau und jeder Mann war dieser Rollenzuweisung rücksichtslos ausgeliefert.
Die Begrenzung der Militärdienstpflicht auf Männer beruht auf dem althergebrachten Rollenbild des starken Mannes und der Frau, die sich um Haushalt und Kinder kümmert. Vor diesem Hintergrund ist die Begrenzung der Militärdienstpflicht auf Männer nicht nur eine Diskriminierung der Männer, sondern auch Ausdruck einer strukturellen Frauendiskriminierung.
Ziel der Gleichberechtigung war und ist es, diese früher vom Gesetz her vorgeschriebene Rollenfixierung aufzuheben. Jede und jeder soll die passende Rolle frei wählen dürfen, in der Ehe zum Beispiel durch ein partnerschaftliches Zusammenwirken. Nur durch gleiches Recht für Frauen und Männer wird dies überhaupt möglich. Gegen die Einnahme früherer Rollenmuster ist auch heutzutage nichts einzuwenden, sofern diese freiwillig erfolgt.
In Bezug auf die Militär- und Zivilschutzdienstpflicht blieb die Rollenfixierung durch die Gesetzgebung bis heute aufrechterhalten. Das Leitbild des partnerschaftlichen Zusammenwirkens wäre indes auch hier wünschenswert. Oder wie sollte die Auferlegung des relativ langen zivilen Ersatzdienstes für Männer, welche nicht in ihre Rollenfixierung passen, gegenüber der uneingeschränkten Wahlfreiheit für Frauen gerechtfertigt werden?
Und ist es gerecht, dass Männer, welche weder Militär- noch Ersatzdienst leisten (Dienstuntaugliche oder RS-Verschieber aus persönlichen Gründen),
in der Regel deshalb eine einkommensabhängige Abgabe schulden, Frauen dagegen nicht?
In Bereichen, in denen die Frau heute noch privilegiert ist, soll die Gleichstellung möglichst durch eine Verbesserung der Rechtsposition des Mannes und nicht durch die Aufhebung von Vorteilen der Frauen verwirklicht werden. Bezüglich der Militärdienstpflicht haben sich allerdings bei einer Volksabstimmung im Jahr 2013 73% der abstimmenden Frauen und Männer gegen deren Abschaffung ausgesprochen.
Nach diesem klaren Volksvotum für die Militärdienstpflicht kann die Gleichberechtigung in diesem Bereich also nur durch die Ausdehnung dieser Pflicht auf die Frauen erreicht werden.
Die nur für Männer geltende Zivilschutzdienstpflicht könnte allenfalls abgeschafft werden, so dass die Männer den Zivilschutzdienst ebenso wie die Frauen freiwillig leisten können und die Gleichberechtigung hier auf diese Weise hergestellt wird.
Links:
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In einem umstrittenen Bundesgerichtsurteil
vom 21. Januar 2010 über die einseitige Militärdienstpflicht
für Männer widerspricht sich das Bundesgericht in seiner eigenen
Interpretation des Geschlechtergleichberechtigungsgebotes. In
früheren Urteilen hielt das Bundesgericht nämlich in Bezug
auf den Sachverhalt der Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes fest: «Eine unterschiedliche Behandlung von Mann und Frau ist nur zulässig, wenn auf dem Geschlecht beruhende biologische oder funktionale Unterschiede eine Gleichbehandlung absolut
ausschliessen.»
(BGE
108 Ia 22 E. 5a S. 29 und nachfolgend bestätigt in BGE
123 I 152 E. 3a S. 156; BGE
120 V 312 E. 2a S. 314; BGE
117 Ia 262 E. 2a S. 264, 270 E. 2a S. 272; BGE
117 V 318 E. 2a S. 321; BGE
116 V 198 E. II/ 2a/bb S. 208). Im Urteil vom 21. Januar 2010
rechtfertigt das Bundesgericht nun aber im Widerspruch dazu die einseitig
für Männer geltende Militärdienstpflicht unsinnigerweise damit, «dass Frauen aufgrund physiologischer und biologischer Unterschiede im Durchschnitt für den Militärdienst als weniger gut geeignet erachtet werden als der Durchschnitt der Männer».
►
Kritischer
Kommentar zum Bundesgerichtsurteil vom 21. Januar 2010 des Vereins
Humanrights.ch/MERS
(Dieser Verein setzt sich seit 1999 für die Förderung
und Durchsetzung der Menschenrechte in der Schweiz ein.)
►
Beschränkung
der Wehrpflicht auf Männer aus rechtspolitischer Sicht: Kritischer
Kommentar der Juristin
Sibilla Bondolfi zu einseitigen Bundesgerichtsurteilen, 2012
►
Wehrpflicht
nur für Männer ist «unhaltbar», NZZ vom 15. März 2013
►
Jetzt
wird die Wehrpflicht für Frauen geprüft, Tages-Anzeiger vom 7. Juli 2016
►
Bericht
der Studiengruppe Dienstpflichtsystem vom 15. März 2016
(Die Studiengruppe unter der Leitung von alt Nationalrat Arthur Loepfe wurde durch den Chef des
Eidg. Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport VBS am 1. Mai 2014 eingesetzt, gestützt
auf einen Beschluss des Bundesrates vom 8. April 2014; die Studiengruppe umfasste Vertreter von Bundesstellen, kantonalen
Regierungs- und Fachkonferenzen, Verbänden und Organisationen.)
►
TalkTäglich
(TeleZüri) zum Thema Wehrpflicht für Frauen vom 11. Juli 2016: Player
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Auszug
aus Wehrpflicht
nur für Männer ist «unhaltbar», NZZ vom 15. März 2013:
Laut Bundesgericht ist die Beschränkung der Wehrpflicht auf Männer
keine Diskriminierung. Die Wehrpflicht stelle eine Sondernorm dar
und gehe dem Diskriminierungsverbot vor. Hierbei handelt es sich
jedoch um eine rein formelle Argumentation, mit welcher sich auch
das fehlende Frauenstimmrecht ad infinitum hätte begründen lassen
können. Nach Bernhard Waldmann, Professor für Staats- und
Verwaltungsrecht an der Universität Freiburg, steht es dem
Verfassungsgeber nicht zu, Kerngehalte von Grundrechten, wozu das
Diskriminierungsverbot gehöre, zu durchbrechen. Die Begrenzung der
Wehrpflicht auf Männer sei daher geschlechterdiskriminierend, auch
wenn sie in der Verfassung selbst vorgesehen sei.
Nach Waldmann beruht die Begrenzung der Wehrpflicht auf Männer auf
einem althergebrachten Rollenbild des starken Mannes und der Frau,
die sich um Haushalt und Kinder kümmert. Vor diesem Hintergrund sei
die Begrenzung der Wehrpflicht auf Männer nicht nur eine
Diskriminierung der Männer, sondern auch Ausdruck einer
strukturellen Frauendiskriminierung.
Die rechtliche Gleichbehandlung ist eine notwendige, aber nicht
hinreichende Voraussetzung für die gesellschaftliche Gleichheit. Am
Beispiel des Mutterschaftsurlaubs lässt sich erkennen, dass jede
rechtliche Ungleichbehandlung – sei sie auch noch so gut gemeint
– das Potenzial hat, faktische Ungleichheit zu begünstigen: Was eigentlich dem Schutz der Frauen dienen sollte, ist heute nicht selten die Weichenstellung für eine stereotype Rollenteilung.
Freiwillig Dienst leistende Soldatinnen beweisen, dass Frauen nicht qua natura ungeeignet für die Armee sind. |
Frauen bevorzugende und Männer benachteiligende
gesetzliche Bestimmungen betreffend Militär und Zivilschutz:
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Militär
Bundesverfassung:
Art. 59 Abs. 1 bis 3:
Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. Für
Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig. Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen.
Militärgesetz:
Art. 2, Abs. 1:
Jeder Schweizer ist militärdienstpflichtig.
Art. 3, Abs. 1 und 3:
Die Schweizerin kann sich freiwillig zum Militärdienst anmelden. Sie hat die gleichen Rechte und Pflichten wie die militärdienstpflichtigen Schweizer. Der Bundesrat kann Ausnahmen vorsehen, insbesondere in Bezug auf die Entlassung aus der Militärdienstpflicht, die Dauer der Dienste, die Verwendung und die Beförderung.
Zivildienstgesetz:
Art. 1:
Militärdienstpflichtige, die den Militärdienst mit ihrem Gewissen nicht vereinbaren können, leisten auf Gesuch hin einen länger dauernden zivilen Ersatzdienst (Zivildienst) nach diesem
Gesetz.
Art. 8, Abs. 1, Satz 1:
Der Zivildienst dauert 1,5-mal so lange wie die Gesamtdauer der noch nicht geleisteten Ausbildungsdienste nach der Militärgesetzgebung.
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Zivilschutz
Bundesverfassung:
Art. 61 Abs. 1 bis 3:
Die Gesetzgebung über den zivilen Schutz von Personen und Gütern vor den Auswirkungen bewaffneter Konflikte ist Sache des Bundes. Der Bund erlässt Vorschriften über den Einsatz des Zivilschutzes bei Katastrophen und in Notlagen. Er kann den Schutzdienst für
Männer obligatorisch erklären. Für Frauen ist dieser freiwillig.
Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetz:
Art. 11:
Männer mit Schweizer Bürgerrecht, die für die Schutzdienstleistung tauglich sind, sind schutzdienstpflichtig.
Art. 12, Abs. 1 bis 3:
Militär- und Zivildienstpflichtige sind nicht schutzdienstpflichtig. Männer, die aus der Militärdienstpflicht ausscheiden, werden nicht schutzdienstpflichtig, wenn sie mindestens 50 Militärdiensttage geleistet haben. Wer aus der Zivildienstpflicht ausscheidet, wird nicht schutzdienstpflichtig.
Art. 15, Abs. 1 und 3:
Folgende Personen können freiwillig Schutzdienst leisten: a. Männer, die aus der Schutzdienstpflicht entlassen sind; b. Wehrpflichtige, die nicht mehr militärdienstpflichtig oder zivildienstpflichtig sind; c. Männer, die aus der Wehr- oder Zivildienstpflicht entlassen sind; d.
Schweizerinnen mit Beginn des Jahres, in dem sie 20 Jahre alt werden; e. in der Schweiz niedergelassene Ausländer und Ausländerinnen mit Beginn des Jahres, in dem sie 20 Jahre alt werden. Personen, welche freiwillig Schutzdienst leisten, sind in Rechten und Pflichten den Schutzdienstpflichtigen gleichgestellt.
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