Eidgenössische Wahlen 2015
Befragung der Kandidierenden zum Thema 
Gleichberechtigung von Frau und Mann
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Thema
Grundsätzlich gleiche Rechte UND Pflichten 
(also auch beim Militär)
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Auswertung aufgeschlüsselt nach Parteien und Geschlechtern        Erläuterung
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Frage an die Kandidierenden und prozentuale Anteile der Antworten:
    

An der Befragung nahmen insgesamt 352 Kandidierende für die eidgenössischen Wahlen 2015 teil: 115 Frauen und 237 Männer. Davon sind 19 Personen Bisherige. Die Kandidierenden gehören den Parteien (inklusive Jungparteien) wie folgt an: 
67 der SP, 45 der glp, 43 der Grünen, 42 der FDP, 33 der CVP, 28 der BDP, 27 der SVP
und 67 diversen anderen Parteien. (
Auswertung )
Erläuterung zu den nur für Männer geltenden Pflichten:

Der Bundesrat hat bereits 1986 in seinem Bericht über das Rechtsetzungsprogramm «Gleiche Rechte für Mann und Frau» festgehalten, dass die nur für Männer geltende Militärdienstpflicht in einem gewissen Spannungsverhältnis zur Idee des Gleichheitsartikels der Bundesverfassung steht, die eine gleiche Verteilung von Rechten und Pflichten auf Männer und Frauen nahelegt. Freiwillig Dienst leistende Soldatinnen beweisen denn auch, dass Frauen nicht qua natura ungeeignet für die Armee sind. 

Vor Inkrafttreten des neuen Eherechts im Jahr 1988 gab es generell von Gesetzes wegen unterschiedliche Rollenzuweisungen für Frauen und Männer mit je nach Rolle eigenen Rechten und Pflichten. Jede Frau und jeder Mann war dieser Rollenzuweisung rücksichtslos ausgeliefert.

Die Begrenzung der Militärdienstpflicht auf Männer beruht auf dem althergebrachten Rollenbild des starken Mannes und der Frau, die sich um Haushalt und Kinder kümmert. Vor diesem Hintergrund ist die Begrenzung der Militärdienstpflicht auf Männer nicht nur eine Diskriminierung der Männer, sondern auch Ausdruck einer strukturellen Frauendiskriminierung.

Ziel der Gleichberechtigung war und ist es, diese früher vom Gesetz her vorgeschriebene Rollenfixierung aufzuheben. Jede und jeder soll die passende Rolle frei wählen dürfen, in der Ehe zum Beispiel durch ein partnerschaftliches Zusammenwirken. Nur durch gleiches Recht für Frauen und Männer wird dies überhaupt möglich. Gegen die Einnahme früherer Rollenmuster ist auch heutzutage nichts einzuwenden, sofern diese freiwillig erfolgt.

In Bezug auf die Militär- und Zivilschutzdienstpflicht blieb die Rollenfixierung durch die Gesetzgebung bis heute aufrechterhalten. Das Leitbild des partnerschaftlichen Zusammenwirkens wäre indes auch hier wünschenswert. Oder wie sollte die Auferlegung des relativ langen zivilen Ersatzdienstes für Männer, welche nicht in ihre Rollenfixierung passen, gegenüber der uneingeschränkten Wahlfreiheit für Frauen gerechtfertigt werden?

Und ist es gerecht, dass Männer, welche weder Militär- noch Ersatzdienst leisten (Dienstuntaugliche oder RS-Verschieber aus persönlichen Gründen), in der Regel deshalb eine einkommensabhängige Abgabe schulden, Frauen dagegen nicht?

In Bereichen, in denen die Frau heute noch privilegiert ist, soll die Gleichstellung möglichst durch eine Verbesserung der Rechtsposition des Mannes und nicht durch die Aufhebung von Vorteilen der Frauen verwirklicht werden. Bezüglich der Militärdienstpflicht haben sich allerdings bei einer Volksabstimmung im Jahr 2013 73% der abstimmenden Frauen und Männer gegen deren Abschaffung ausgesprochen. 

Nach diesem klaren Volksvotum für die Militärdienstpflicht kann die Gleichberechtigung in diesem Bereich also nur durch die Ausdehnung dieser Pflicht auf die Frauen erreicht werden. 

Die nur für Männer geltende Zivilschutzdienstpflicht könnte allenfalls abgeschafft werden, so dass die Männer den Zivilschutzdienst ebenso wie die Frauen freiwillig leisten können und die Gleichberechtigung hier auf diese Weise hergestellt wird.
 


Links:
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In einem umstrittenen Bundesgerichtsurteil vom 21. Januar 2010 über die einseitige Militärdienstpflicht für Männer widerspricht sich das Bundesgericht in seiner eigenen Interpretation des Geschlechtergleichberechtigungsgebotes. In früheren Urteilen hielt das Bundesgericht nämlich in Bezug auf den Sachverhalt der Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes fest: «Eine unterschiedliche Behandlung von Mann und Frau ist nur zulässig, wenn auf dem Geschlecht beruhende biologische oder funktionale Unterschiede eine Gleichbehandlung absolut ausschliessen.» (BGE 108 Ia 22 E. 5a S. 29 und nachfolgend bestätigt in BGE 123 I 152 E. 3a S. 156; BGE 120 V 312 E. 2a S. 314; BGE 117 Ia 262 E. 2a S. 264, 270 E. 2a S. 272; BGE 117 V 318 E. 2a S. 321; BGE 116 V 198 E. II/ 2a/bb S. 208). Im Urteil vom 21. Januar 2010 rechtfertigt das Bundesgericht nun aber im Widerspruch dazu die einseitig für Männer geltende Militärdienstpflicht unsinnigerweise damit, «dass Frauen aufgrund physiologischer und biologischer Unterschiede im Durchschnitt für den Militärdienst als weniger gut geeignet erachtet werden als der Durchschnitt der Männer».
     
Kritischer Kommentar zum Bundesgerichtsurteil vom 21. Januar 2010 des Vereins Humanrights.ch/MERS (Dieser Verein setzt sich seit 1999 für die Förderung und Durchsetzung der Menschenrechte in der Schweiz ein.)
    
Beschränkung der Wehrpflicht auf Männer aus rechtspolitischer Sicht: Kritischer Kommentar der Juristin Sibilla Bondolfi zu einseitigen Bundesgerichtsurteilen, 2012
    

Wehrpflicht nur für Männer ist «unhaltbar», NZZ vom 15. März 2013
        
Jetzt wird die Wehrpflicht für Frauen geprüft, Tages-Anzeiger vom 7. Juli 2016
        
Bericht der Studiengruppe Dienstpflichtsystem vom 15. März 2016  (Die Studiengruppe unter der Leitung von alt Nationalrat Arthur Loepfe wurde durch den Chef des Eidg. Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport VBS am 1. Mai 2014 eingesetzt, gestützt auf einen Beschluss des Bundesrates vom 8. April 2014; die Studiengruppe umfasste Vertreter von Bundesstellen, kantonalen Regierungs- und Fachkonferenzen, Verbänden und Organisationen.)
             
TalkTäglich (TeleZüri) zum Thema Wehrpflicht für Frauen vom 11. Juli 2016: Player
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Auszug aus Wehrpflicht nur für Männer ist «unhaltbar», NZZ vom 15. März 2013:
            
Laut Bundesgericht ist die Beschränkung der Wehrpflicht auf Männer keine Diskriminierung. Die Wehrpflicht stelle eine Sondernorm dar und gehe dem Diskriminierungsverbot vor. Hierbei handelt es sich jedoch um eine rein formelle Argumentation, mit welcher sich auch das fehlende Frauenstimmrecht ad infinitum hätte begründen lassen können. Nach Bernhard Waldmann, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Freiburg, steht es dem Verfassungsgeber nicht zu, Kerngehalte von Grundrechten, wozu das Diskriminierungsverbot gehöre, zu durchbrechen. Die Begrenzung der Wehrpflicht auf Männer sei daher geschlechterdiskriminierend, auch wenn sie in der Verfassung selbst vorgesehen sei.
          
Nach Waldmann beruht die Begrenzung der Wehrpflicht auf Männer auf einem althergebrachten Rollenbild des starken Mannes und der Frau, die sich um Haushalt und Kinder kümmert. Vor diesem Hintergrund sei die Begrenzung der Wehrpflicht auf Männer nicht nur eine Diskriminierung der Männer, sondern auch Ausdruck einer strukturellen Frauendiskriminierung.
          
Die rechtliche Gleichbehandlung ist eine notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung für die gesellschaftliche Gleichheit. Am Beispiel des Mutterschaftsurlaubs lässt sich erkennen, dass jede rechtliche Ungleichbehandlung – sei sie auch noch so gut gemeint – das Potenzial hat, faktische Ungleichheit zu begünstigen: Was eigentlich dem Schutz der Frauen dienen sollte, ist heute nicht selten die Weichenstellung für eine stereotype Rollenteilung.
      
Freiwillig Dienst leistende Soldatinnen beweisen, dass Frauen nicht qua natura ungeeignet für die Armee sind.         



Frauen bevorzugende und Männer benachteiligende 
gesetzliche Bestimmungen betreffend Militär und Zivilschutz:


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Militär



Bundesverfassung:

Art. 59 Abs. 1 bis 3:
Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig. Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen.


Militärgesetz:

Art. 2, Abs. 1: 
Jeder Schweizer ist militärdienstpflichtig.

Art. 3, Abs. 1 und 3: 
Die Schweizerin kann sich freiwillig zum Militärdienst anmelden. Sie hat die gleichen Rechte und Pflichten wie die militärdienstpflichtigen Schweizer. Der Bundesrat kann Ausnahmen vorsehen, insbesondere in Bezug auf die Entlassung aus der Militärdienstpflicht, die Dauer der Dienste, die Verwendung und die Beförderung.


Zivildienstgesetz:

Art. 1: 
Militärdienstpflichtige, die den Militärdienst mit ihrem Gewissen nicht vereinbaren können, leisten auf Gesuch hin einen länger dauernden zivilen Ersatzdienst (Zivildienst) nach diesem Gesetz.

Art. 8, Abs. 1, Satz 1: 
Der Zivildienst dauert 1,5-mal so lange wie die Gesamtdauer der noch nicht geleisteten Ausbildungsdienste nach der Militärgesetzgebung.

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Zivilschutz


Bundesverfassung: 

Art. 61 Abs. 1 bis 3:
Die Gesetzgebung über den zivilen Schutz von Personen und Gütern vor den Auswirkungen bewaffneter Konflikte ist Sache des Bundes. Der Bund erlässt Vorschriften über den Einsatz des Zivilschutzes bei Katastrophen und in Notlagen. Er kann den Schutzdienst für Männer obligatorisch erklären. Für Frauen ist dieser freiwillig.


Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetz:

Art. 11:
Männer mit Schweizer Bürgerrecht, die für die Schutzdienstleistung tauglich sind, sind schutzdienstpflichtig.

Art. 12, Abs. 1 bis 3:
Militär- und Zivildienstpflichtige sind nicht schutzdienstpflichtig. Männer, die aus der Militärdienstpflicht ausscheiden, werden nicht schutzdienstpflichtig, wenn sie mindestens 50 Militärdiensttage geleistet haben. Wer aus der Zivildienstpflicht ausscheidet, wird nicht schutzdienstpflichtig.

Art. 15, Abs. 1 und 3:
Folgende Personen können freiwillig Schutzdienst leisten: a. Männer, die aus der Schutzdienstpflicht entlassen sind; b. Wehrpflichtige, die nicht mehr militärdienstpflichtig oder zivildienstpflichtig sind; c. Männer, die aus der Wehr- oder Zivildienstpflicht entlassen sind; d. Schweizerinnen mit Beginn des Jahres, in dem sie 20 Jahre alt werden; e. in der Schweiz niedergelassene Ausländer und Ausländerinnen mit Beginn des Jahres, in dem sie 20 Jahre alt werden. Personen, welche freiwillig Schutzdienst leisten, sind in Rechten und Pflichten den Schutzdienstpflichtigen gleichgestellt.


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